Julius Plenz – Blog

Unendlicher Spaß

Ziemlich genau einen Monat habe ich gebraucht, um die über 1500 Seiten vom Unendlichen Spaß von DFW durchzuarbeiten. Im Jahr 2009 erschienen ja zwei deutsche Übersetzungen von "Meilensteinen der modernen Literaturgeschichte": Bolaños 2666 und eben DFWs Unendlicher Spaß. 2666 hatte ich schon letztes Jahr gelesen – und nun, da ich mein großes Projekt abgeschlossen hatte, konnte ich mich endlich an den Spaß wagen.

Der Roman ist grandios. Liest man den Klappentext, denkt man, einige Leute wären auf der Suche nach einem Film, der einem so viel und langanhaltend Spaß bereitet, dass man daran stirbt. Allerdings geht es darum eigentlich gar nicht. Oder schon, teilweise.

Cover 'Unendlicher Spaß'

Das Buch beginnt unvermittelt, geht unvermittelt weiter, und endet auch irgendwie unvermittelt. So richtig gibt es keine Handlung, aber das spielt auch eigentlich gar keine Rolle, ob es nun eine wirkliche Handlung gibt.

Das ganze Buch ist, analog zu den "Aprèsgarde"-Filmen James Orin Incandenzas, dem verstorbenen Vater eines der Protagonisten, antikonfluentieller Natur, zerfasert. (Siehe dafür auch ab S. 92 sowie Fußnote 24.) Die dutzende von Handlungssträngen finden teilweise ein ganz wenig, manchmal auch nur als Teil von Erinnerungen, Halluzinationen oder Träumen zusammen, oder häufig halt auch gar nicht bzw. nur durch Ähnlichkeit der Situationen oder Dialoge.

Insgesamt besticht das Buch durch die diversen textlichen Stilelemente, grandiose Sätze, faszinierenden Detailreichtum – der meist nichts wesentliches zur Geschichte beiträgt, aber gerade deshalb so faszinierend ist – und nicht zuletzt durch äußerst eindrückliche Beschreibungen von Sucht und Depression und der damit einhergehenden Verzweiflung.

Zur Lesetechnik: Die fast 400 Fußnoten sind wesentlich für das Verständnis des Buches. Die Paperback-Ausgabe hat leider keine Lesezeichen, so dass ich dringend empfehle, das Buch mit zwei Lesezeichen zu lesen. Dafür eignet sich z.B. auch gut dieses Diagramm aller handelnden Personen und ihrer Verbindung zueinander – einfach ausdrucken und an der richtigen Stelle in den Fußnotenapparat legen.

Nach dem Lesen des Buches würde ich unbedingt noch einmal die ersten beiden Kapitel lesen, was eine sehr aufschlussreiche Erfahrung ist. Auch weitere Fragestellungen oder eine Interpretation des Endes können dann hilfreich sein.

Eine Sache, die mich noch immer verwirrt: Manche Kapitel haben einen kleinen Kreis über dem Titel, dessen eines Viertel auch auf der Seite, auf der die Anmerkungen beginnen, wiederholt wird. Hier gibt es eine Auflistung der Kapitel mit entsprechender Markierung. – Was bedeutet der Kreis?

posted 2011-07-29 tagged bookdump and life