Julius Plenz – Blog

Nomic

Ich habe den besseren Teil des Vormittags damit verbracht, über Nomic zu lesen. Darauf gekommen bin ich über diesen Blogartikel, der über Mittel und Wege reflektiert, eine Online-Community "gesund" zu halten.

Zurück geht das ganze auf ein Buch von Peter Suber, "The Paradox of Self-Amendment", untertitelt "A Study of Law, Logic, Omnipotence, and Change". Prinzipiell dreht sich alles um die folgende Frage: Wenn man ein System von Regeln aufstellt, das eine Regel beinhaltet, die die Abwandlung, das Hinzufügen und Entfernen von Regeln erlaubt – was passiert dann?

Das kann man auf Regelwerke wie die Amerikanische Verfassung beziehen, die ja auch Amendments, also Erweiterungen hat. Ganz konkret kann man das ganze aber auch als Spiel formulieren – und das wird in Anlehnung an das griechische Wort für Gesetz Nomic genannt.

Das von Suber entwickelte Initial Ruleset gibt schon gute Aufschlüsse darüber, wie das Spiel verlaufen wird. Wesentlich ist vor allem der Unterschied zwischen "immutable" und "mutable" Rules – Gegenpart in unserer nationalen Politik wären beispielsweise GG-Änderungen, oder andere Änderungen, die nur mit 2/3-Mehrheit zu erreichen sind.

Wie lange dauert so ein Spiel? – die Regel 208 besagt, dass der Spieler gewinnt, der zuerst 100 Punkte erreicht. Das wird vermutlich eine der ersten Regeln sein, die abgeändert wird – also ist in der Regel überhaupt nicht abzusehen, wie schnell und in welche Richtung sich ein Spiel entwickelt.

Nomic wurde (und wird) auch viel über Mailing-Listen bzw. Diskussionsforen gespielt. Und da zeigt sich dann, dass das Spiel mehr als einen Nachmittag auffrisst: eher Jahre.

Beispiel: Agora läuft seit dem 30. Juni 1993. Bis jetzt. Und immer noch weiter.

Agora is a relatively serious nomic; many of its players see it as an experiment in philosophy, political science, and group dynamics, rather than just a game; sometimes it acts more like a country.

Wie komplex sich ein solches änderbares Regelsystem entwickeln kann, ist sehr gut an den aktuell in Agora geltenden Regeln abzulesen. So wie ich das auf den ersten Blick sehe, gibt es dort keine Unterscheidung zwischen "mutable" und "immutable" (die es zu Anfang aber gegeben haben muss, siehe die History der Regeln). Statt dessen hat jede Regel einen Power-Faktor – geregelt durch 1688/6 –, der entscheidet, wie mächtig sie ist. Regel 2140/1, "Power Controls Mutability", legt dann fest, dass "niedere" Regeln keine "wichtigen" Regeln überschreiben dürfen.

Massenhaft weitere Resourcen zu dem Spiel gibt es auf nomic.net.

posted 2011-06-24 tagged nomic