Julius Plenz – Blog

Bookdump

Ich habe erstaunlich wenig gelesen die letzten paar Monate. Außerdem habe ich zwei Bücher nicht zu Ende gelesen, was sonst gar nicht meine Art ist.

Die unfertigen Bücher: David Foster Wallace: The Pale King, war mir viel zu unklar und querbeet. Man muss sich vorstellen, dass jemand das Thema "Boredom" am Beispiel einer merkwürdigen Ansammlung von Steuereintreibern im Illinois der '70er Jahre veranschaulichen will. Und das Buch ist, nicht zuletzt aufgrund seiner Sprache, unglaublich schwer lesbar. Typisch DFW, nur nicht mitreißend. (Konstant lustig ist nur die Situationen, in die "David Wallace" aufgrund der Namensverwechslung gerät.) – Dann habe ich mir auf einer Zugfahrt große Teile von Michail Bulgakow: Der Meister und Margarita gegönnt. Aber über der Hälfte, und als sie Besen reitend noch immer Unsinn reden, habe ich das Buch wieder weg gelegt. Ich habe von dem Autor mehr erwartet, nachdem mir mehrere Leute von ihm vorgeschwärmt hatten.

Einen weiteren Roman habe ich von Bret Easton Ellis gelesen: Less than Zero. Der war wesentlich besser als "The Rules of Attraction": Einfach mehr, und bessere Dekadenz. – Auch von Irvin D. Yalom habe ich ein zweites Buch gelesen, nachdem mir "Und Nietzsche weinte" sehr, sehr gut gefallen hatte. (Der Film ist keinesfalls zu empfehlen.) Die Schopenhauer-Kur ist nicht historisch, dafür mit allerlei historischen Notizen gespickt. Ein schöner Roman.

Peter Seibel: Coders at Work ist ein schönes Buch: In 20 Interviews stellen sich Programmiergrößen wie Jamie Zawinsky und auch Donald Knuth einem ganzen Katalog von Fragen: Debuggen via Single-Stepping, oder doch lieber Quick'n'dirty-Print-Statements? Editor oder IDE? Was war der härteste Bug, den sie je behoben haben? – Alles in allem der wunderbare Beweis dafür, dass diese Leute auch nur Menschen sind, außerdem gibt es Gelegenheit, über das eigene Codeschreiben zu reflektieren, und eventuell gewisse Fallstricke bei der Projektplanung bei Anderen wie bei sich selbst aufzudecken.

(Ich habe dieses Buch als Anlass genommen, mir The Art of Computer Programming, Band 1, zu kaufen. Ob sie dieses Buch gelesen haben wurden nämlich auch fast alle gefragt. Durch den "harten, mathematischen Teil" bin ich schon gut durchgekommen, aber mit dem MIX-Teil habe ich erst ein bisschen begonnen.)

David Foster Wallace: Everything and More ist grandios. Es ist der erste Nicht-Roman, den ich von DFW gelesen habe. Im wesentlichen geht es um die Eigenschaften der reellen Zahlen, die einen Mathematikstudenten im ersten Semester in Analysis I tage-, wenn nicht sogar wochenlang beschäftigen: Wie kann es sein, dass es unendlich viele rationale Zahlen sind, sie aber 0% der reellen Zahlen ausmachen? Wie kann es verschiedene "Größen" von Unendlichkeit geben? – Das ganze bettet DFW liebevoll in einen historischen Kontext und mathematisch nicht ganz präzise, aber doch wunderbar verständliche, selbst erfundene Notation ein. Schon der Untertitel deutet einiges an Sprachwitz an: A Compact History of Infinity. Für Mathematikinteressierte definitiv zu empfehlen!

posted 2012-01-05 tagged bookdump