Trotz meiner SciFi-Aversion habe ich auf mehrfache Empfehlung Orson Scott Caros (schon ziemlich altes) Buch Ender’s Game gelesen. Spannend! Der Film gefiel mir auch ganz gut – auch wenn man ihn viel besser versteht, wenn man das Buch gelesen hat: vieles wird nicht so klar herausgearbeitet. Hier ist noch ein interessantes Interview mit dem Autor.
Ab und zu finde ich in einer Grabbelkiste mal einen Roman von Ian Rankin, den ich noch nicht kenne: Doors Open ist ein nettes Buch über einen Kunstraub, und es ist nett, Rankin auch mal aus der Perspektive von nicht-Polizisten erzählen zu hören.
An einem Wochenende im September war ich in Kopenhagen, und obwohl ich zwei Bücher dabei hatte, war ich schon am Samstag mit ihnen durch. Wo findet man in Kopenhagen auf einen Sonntag Nachmittag ein englischsprachiges Buch? Der einzige Ort, wo ich tatsächlich Erfolg hatte, war dieses Cafe, das gleichzeitig ein Antiquariat ist. Selbiges hat am Sonntag geschlossen, aber es gibt ein paar Bücherregale, in denen sich Besucher ein Buch ausleihen (und dann auch käuflich erwerben) können. Das noch beste Buch, das ich fand, war ein mittlerweile nicht mehr lieferbares Buch von Richard Cox, The Katanga Run. Es geht um Ex-Fliegerkameraden, die einen alten Groll hegen, sich dann aber Anfang der 60’er Jahre im Kongo auf verschiedenen Seiten eines Konfliktes wiederfinden. Kein gutes Buch, und die Erzählung gipfelt darin, dass der UN-Generalsekretär unter mysteriösen Umständen abstürzt – aber keine Woche später lese ich die Meldung, dass die UN genau diesen 52 Jahre alten Fall neu untersuchen will, und beim Nachlesen über dieses Ereignis kam mir das Buch trotz seines Tom-Clancy-Stils historisch ziemlich akkurat vor. Zufälle gibt’s.
Das 2010 erschienene Buch von Bret Easton Ellis, Imperial Bedrooms, ist typisch und gut. Ich habe mir zu dem Buch notiert: „Beängstigend, wie profaniert und ent-menschlicht Leben werden können.“ – Wo ich schon bei Ellis war, musste ich ja auch mal das deutsche Pendant lesen: Leider aber ist Faserland von Kristian Kracht nicht so wirklich gut. Das Buch ist schon lesenswert, aber ich finde – so merkwürdig das klingt – am besten an diesem Buch noch den Titel. Neue Einsicht: Hanuta steht für „Haselnusstafel“ (das steht sogar auf Wikipedia!). (Nebenbemerkung: Die einzige noch bekanntere Abkürzung in dem Bereich ist denke ich mal „Haribo“, dessen Gründer ja kürzlich verstorben ist.)
Ein wunderschönes Buch ist Der Steppenwolf von Hermann Hesse. Ein kleines Zitat muss an dieser Stelle reichen:
Also, Harry, steh auf, lege dein Buch weg, seife dich ein, kratze dir das Kinn blutig, zieh dich an und habe ein Wohlgefallen an den Menschen!
Das erste Buch, was ich von Nassim Taleb gelesen habe, ist das kürzlich erschienen Antifragile. Teil Lebensphilosophie, Teil Wirtschaftsbuch kommt es ziemlich unwissenschaftlich, aber mit interessanten Einsichten daher. Wenn man nicht genau hinschaut, könnte man Taleb fast neophob nennen, und zumindest predigt er ein gutes Stück Konservativismus. Ich konnte dem Buch einige interessante Einsichten abgewinnen, gerade bezüglich der Vorteile von Optionalität gegenüber Sicherheit. Ein häufiger Kritikpunkt an Taleb ist, dass er zu selektiv und polemisch argumentiert, und eine rigorose Argumentation gelingt ihm nur selten. Aber als Denkanstoß ist das Buch sehr lesenswert, und das Ansinnen, „Antifragilität“ (das eben nicht nur Robustheit ist) als ein neues Wort im modernen Wortschatz zu verankern, ist lobenswert und in meinen Augen auch wichtig.
Ein Klassiker der Weltliteratur, der gut und überraschend einfach zu lesen ist: Vladimir Nabokovs Lolita. Viele Leute mögen das ja als schlecht verpackte Pornographie bezeichnen, aber der Rahmen, in den das Buch eingeschlossen ist und insbesondere die zweite Hälfte der Geschichte sind in meinen Augen viel interessanter und wichtiger als die Pädophilie des ersten Teils (auch wenn die Leichtigkeit des Ausdrucks manchmal sehr unpassend und grausam wirkt). Besonders beim Nachwort des Autors musste ich doch ziemlich lachen, hier mal ein Absatz:
Gewisse Techniken in den ersten Kapiteln vom Lolita (so zum Beispiel Humberts Tagebuch) verführten einige meiner ersten Leser zu der irrigen Annahme, daß der vorliegende Roman ein schlüpfriges Buch wäre. Sie erwarteten eine zunehmende Folge erotischer Szenen; als diese aufhörten, hörten auch die Leser auf und waren gelangweilt und enttäuscht. Das ist, vermute ich, einer der Gründe, warum nicht alle vier [vorher erwähnten] Verlage das Typoskript bis zum Ende gelesen haben. Ob sie es pornographisch fanden oder nicht, interessierte mich nicht. Ihre Weigerung, das Buch anzukaufen, gründete sich nicht darauf, wie ich mein Thema behandelte, sondern auf dieses Thema selbst, denn wenigstens drei Themen gibt es, die für die meisten amerikanischen Verleger absolut tabu sind. Die beiden anderen sind: eine Heirat zwischen Schwarz und Weiß, die zu einer glücklichen Ehe mit einer Unzahl von Kindern und Enkelkindern führt; und der absolute Atheist, der ein glückliches und nutzbringendes Leben führt und mit hundertsechs Jahren sanft entschläft.
Von einem Freund geschenkt, habe ich Arno Orzesseks Erstling Schattauers Tochter gelesen. Puh also naja – das Buch war schon spannend, die Geschichte interessant, und ich will jetzt auch nicht spoilern, nur um einen Kritikpunkt zu machen: Aber alles in Allem wirkte der Roman in etwa so wie man erwarten würde, dass der erste Roman eines studierten Literaturwissenschaftlers aussieht – es ist bekannt, welche Erzählformen gut kommen, welche Themen den Kanon zeitgenössischer (Aufarbeitungs-)Literatur bestimmen, es wird ein wenig mit Formulierungen experimentiert und wie man einen Spannungsbogen zum Schluss bringt weiß der Autor sowieso. Mir war vieles einfach zu vorhersehbar, die Charaktäre zu sehr nach den Notwendigkeiten ihrer Position in der Handlung gezeichnet, insgesamt: zu viel Reißbrett.
Von den beiden CCC-Sprechern Frank Rieger und Constanze Kurz habe ich an einem arbeitsfreien Samstag das neue Buch Arbeitsfrei gelesen: Sehr spannende Einblicke in moderne Produktionssysteme. Ich versuche immer noch eine Primärquelle (oder besser noch ein Video!) für diese Silos zu finden, die bei der Anlieferung jedes einzelne Weizenkorn auf Mutterkornspuren untersuchen, das ist wirklich unglaublich.
Auf Anempfehlung eines Freundes habe ich von Edgar Hilsenrath den Roman Das Märchen vom letzten Gedanken über den Genozid der Armenier während des ersten Weltkrieges gelesen. Ein sehr interessanter Erzählstil; insgesamt gefiel mir das Buch auch gut, aber es war in Teilen doch zu repetitiv und langatmig. Ehrlich gesagt hatte ich vor der Lektüre nicht einmal von diesem Völkermord gewusst.
Das kürzlich erschienene neue Roman von Robert Harris, An Officer and a Spy, ist insgesamt ziemlich lesenswert. Die Dreyfuß-Affäre bestimmt ja auch nicht unwesentlich die Handlung in Prousts Recherche, und ich hatte mir nie wirklich die Zeit genommen, intensiv über die damals herrschende Gesinnung der Franzosen zum Militär und zu den jüdischen Mitbürgern nachzulesen – und gerade dieses Defizit füllt der Roman gut aus. Anfang etwas holprig für meinen Geschmack, und natürlich dafür, dass das ein Jahrelang schwelender Konflikt war, recht kurz.