Als Followup zu dem bereits erwähnten Film “Blood in the Mobile”:
Der Kongo spielt nur eine geringe Rolle bei der Versorgung der internationalen Elektronikindustrie. Seit der neuen US-Gesetzgebung von 2010 und den entsprechenden Diskussionen über internationale Regelwerke ist der Coltan- und Zinnexport aus [der krisengeschüttelten Provinz] Kivu faktisch zusammengebrochen, weil niemand mehr das Zeug aus dem Kongo will. Und, kein Zufall: Seit diesem Zusammenbruch schließen sich in Kivu mehr junge Menschen bewaffneten Gruppen an als je zuvor. Der Bergbau bot eine Einkommensmöglichkeit, die jetzt größtenteils weggebrochen ist. Die Krise des Bergbaus ist konfliktfördernder als der Bergbau selbst es je war.
Dieser Absatz ist aus einem Kommentar von Dominic Johnson in dem immer wieder zu empfehlenden Blog Kongo Echo.
Interessant. Der Sudan hat um Mitgliedschaft in der East African Union gebeten. Interessant, weil der Sudan sich die letzten paar Jahrzehnte nicht im geringsten darum gekümmert hat, jetzt aber nicht mal mehr eine direkte Grenze mit dem nördlichsten Mitglied, Kenia, hat – und weil der Sudan damit dem abtrünnigen Südsudan zuvorkommt – die haben nämlich noch nicht um eine Mitgliedschaft gebeten, obwohl sie ein vornehmlich christliches Land sind, direkte Grenzen zu EAU-Mitgliedern haben und den wirtschaftlichen Vorteil dringender brauchen. Spannend.
I am closely following the secession of Southern Sudan. It is a very intriguing situation – the birth of a new state.
Information is scarce about this topic. The Sudan Tribune provides some insights, but most quality coverage is done by Al Jazeera here. Some facts to consider (quoted from here):
Eritrea, Libya and Iran have already stated they won't recognize Southern Sudan as a state. Most western countries probably will, as plans are persued to open embassies in Juba. (Juba has just been getting a new international airport – I wonder how much fuel they keep on stock to operate it just with generator power?)
Al-Jazeera-Linkdump:
Der Nil zieht sich wie ein grünes Band durch Ägypten. Fraglos profitiert Ägypten von allen acht am Nil anliegenden Ländern momentan am meisten vom Nil, nicht zuletzt ob des gigantisch ausgedehnten Nil-Deltas. Diese Acht Länder haben sich Ende der Neunziger zu der Nil Basin Initiative zusammengeschlossen, doch die Stimmung ist alles andere als gut:
Representatives of upstream countries [Rwanda, Uganda, Kenya and others] said they were "tired of first getting permission from Egypt before using river Nile water for any development project like irrigation", as required by a treaty signed during the colonial era between Egypt and Britain in 1929.
Fefe verlinkt auf ein interessantes Interview, der auf die Tatsache hinweist, dass Ägypten in den kommenden Jahren unter massiver Wasserknappheit leiden wird. Das geht auf eine Vertragsunterzeichnung Burundis letzte Woche zurück:
Burundi has now joined Uganda, Rwanda, Tanzania, Ethiopia and Kenya in agreeing to the deal, which seeks to strip Egypt of its long-held rights to the Nile.
Wie krass sich die Situation daher für Ägypten (und besonders die großen Städte am Nil-Delta) zuspitzen wird, kann man daran erkennen, wie sehr sich die Ägypter momentan am Nilwasser bedienen:
Egypt’s 80 million inhabitants draw about 90 percent of their water needs from the Nile. Cairo maintains that, even by the favourable terms of current agreements, its water needs cannot be met by the Nile alone after 2017.
Es gibt so gut wie keine Ägypter, die nicht auf den Nil angewiesen sind:
[T]he Nile Valley and Nile Delta are the most important regions, being the country's only cultivable regions and supporting about 99% of the population ...
Wenn dieser Vertrag von den Ländern stromaufwärts ratifiziert wird, dann könnte das gut die Grundlage des ersten ernsthaften und in aller Öffentlichkeit ausgetragenen Wasserkrieges werden. – Im Gegensatz zu Gaza und der West Bank, wo die Intention Israels, den Palästinensern die Wasserzufuhr abzuschneiden, häufig vernachlässigt wird.
Al Jazeera hat einen interessanten Artikel, der die Tunesische bzw. Ägyptische Revolution und die Bedeutung für den afrikanischen Kontinent beleuchtet – im Gegensatz zum Großteil der Medien, die nur über die Implikationen für die Islamische Welt und Israel berichten.
Denn 2011 ist quasi das "Mega-Wahljahr" für den afrikanischen Kontinent, denn:
Elections are scheduled in more than 20 countries across the continent, including Zimbabwe and Nigeria.
Eine wichtige Erkenntnis ist natürlich die folgende:
"I think it's important to keep in mind that African youth are far more plugged in than most people realise. The spread in mobile phones has made it possible for people to connect to applications like Facebook or Twitter on their telephones," says Nanjala [a political analyst at the University of Oxford]...
Während das in den nordafrikanischen Staaten anscheinend wirklich der Fall ist, konnte ich dieses Phänomen in Tansania bzw. den umliegenden Ländern nicht beobachten; dort ist zwar eine Teils sehr gute Mobilfunkinfrastruktur vorhanden – die Telefone aber sind in den seltensten Fällen Smartphones, und die Provider bieten meist keinen Internetzugang an.
Nanjala hat einen weiteren guten Punkt, der gerade auch im deutschen Sprachraum häufig falsch verstanden wird (siehe "Twitter- und Facebook-Revolution"):
"At the same time, I think most analysts are overstating the influence of social media on the protests."
Wesentlich ist nicht Facebook, sondern die Kommunikation. Was für die Jugendlichen vor ein paar Jahren noch Foren, und vor ein paar mehr Jahren noch E-Mail und Newsgruppen – das sind heute Facebook und Twitter. Es ist also vielmehr eine "Vernetzungsrevolution", ganz unabhängig von der verwendeten Plattform. Man nutzt nunmal, was man hat.
"There are lots of Africans too who are young, unemployed, who see very few prospects for their future in countries ruled by the same old political elite that have ruled for 25 or 30 or 35 years," says CSM [Chrstian Science Monitor] Africa bureau chief Scott Baldauf.
Diese Situation ist natürlich vor allem in den von Landflucht schwer destabilisierten Hauptstädten der Länder prävalent. Die Frage ist nur: Wird sich die Revolution auch "entzünden", oder bleibt es bei einigen wenigen Protestlern?
Und da spricht Baldauf einen sehr wichtigen Punkt an, den man nicht vernachlässigen darf:
"All the same dry wood of bad governance is stacked in many African countries, waiting for a match to set it alight," says Baldauf. "But it takes leadership. It takes civil society organisation," something the CSM Africa bureau chief fears countries south of the Sahara do not have at the same levels as their North African neighbours.
So eine Revolution passiert nicht einfach so. Auch wenn das alles sehr spontan aussieht auf den Bildern und in den Berichten – dahinter steckt eine unglaubliche Menge an Organisation, die mit einer gleichsam starken Willensstärke (meist geprägt durch Hass statt Resignation) ausgeführt wird.
Apropos: Im Osten Libyens scheint diese Selbstorganisation ziemlich gut zu funktionieren. Wie das so nach einer Revolution aussieht, kann man bei dieser Fotostrecke der Zeit sehen, die meisten der Fotos sind aus Bengasi, einer Hafenstadt im Osten Libyens, in der ca. ein Zehntel der libyschen Bevölkerung lebt.
Ich habe Freitag bei Arte die deutsche Übersetzung eines Dokumentarfilmes über Mineralienhandel im Kongo (DR), "Blood In the Mobile" gesehen. Der Film beleuchtet den folgenden Sachverhalt:
Der Film bietet diverse beeindruckende Bilder. So zum Beispiel am Anfang die Korruptionsszene mit dem Wasserverkäufer, oder die provisorischen Dörfer und Grenzposten (mit Plastikstühlen) nahe der Minen. Die Szenen im eigentlichen Bergwerk sind bestürzend. In dem Teil der Doku, der im Osten des Kongo spielt, sprechen die Leute sehr viel Kiswahili.
An dieser Stelle möchte ich gerne auf das Kongo-Echo hinweisen, das Blog des taz-Korrespondenten Dominic Johnson. Dort schreibt er regelmäßig zu Themen, die vor allem den Ostkongo betreffen. Unter anderem über folgendes:
Können Unternehmen, die Rohstoffe aus den Kriegsgebieten im Osten der Demokratischen Republik Kongo, wegen Mitverantwortung für Kriegsverbrechen dort haftbar gemacht werden?
Im September 2010 hatte der kongolesische Präsident Joseph Kabila ein Bergbauverbot für den gesamten Ostkongo verhängt (Kongo-Echo dazu: Teil 1, Teil 2, Teil 3).
Ich finde den Kongo faszinierend, und würde gerne einmal dahin reisen. Allerdings kann ich das in absehbarer Zeit noch nicht verwirklichen – nicht, weil es zu gefährlich ist, sondern weil man im Zweifelsfall sehr viel Geld braucht (sprich: hundert oder mehr Dollar am Tag), um entsprechende Bestechungsgelder zu zahlen. Sonst kommt man da als Weißer möglicherweise in sehr hässliche Situationen, je nachdem wo und wie man dort lang reist. Ich habe mal einen sehr guten Reiseführer über DR Congo und Congo-Brazzaville gelesen, den ich nur jedem empfehlen kann, der dort hin reisen will.
Man kann sich nur schwer klarmachen, wie verlassen und unterentwickelt manche Landstriche in Afrika sind, vor allem abseits der Küstenlinien.
Angesichts der Abstimmung über die Abspaltung des Südsudan, die Anfang Januar stattfand, sieht man das aber wieder sehr gut. Al Jazeera zieht einen anschaulichen Vergleich:
UN helicopter crews will assist organisers in picking up ballot papers from the remote countryside of a vast, underdeveloped region which has just 40km (25 miles) of paved road for an area the size of France and Belgium combined.
Heftig, heftig. Siehe auch diese Auflistung von Ländern, sortiert nach Straßendichte, auf der der Sudan auf Platz 168 von 175 liegt, vor Mali, Niger, Tschad (genau so sehr Wüstenstaaten wie der Sudan) und – Grönland.
Interessanter Artikel in der Telepolist über Ausflaggung (via). Und wie immer: Wenn man genauer hinschaut, wird's unappetitlich:
Das Schifffahrtsregister des Staates Liberia ist nicht etwa in Afrika, sondern in Reston im US-Staat Virginia ansässig. Wer sein Schiff nach Liberia ausflaggt, muss also nicht in die Bürgerkriegs- und AIDS-Metropole Monrovia reisen, sondern kann ganz bequem über das Internet in den USA gleich die zughörigen Briefkastenfirmen mitbuchen. Von diesem Angebot machen auch deutsche Schiffsreeder bei 427 Schiffen Gebrauch - dass dadurch der Bürgerkrieg in Liberia und Sierra Leone mit Genehmigung des deutschen Verkehrsministeriums quersubventioniert wird, ist dabei nur eine weitere Unappetitlichkeit im Flaggenstreit.
Nun, dass mit dem "AIDS-verseuchte Metropole" würde ich angesichts einer geschätzten HIV-Infektionsrate von weniger als 2% in ganz Liberia mal als gutgemeinte Übertreibung ansehen, da gibt's ja Städte, die fünf- bis zehnmal so hohe Infektionsraten haben.
Der zweite Bürgerkrieg ist 2003 zu Ende gegangen (das war einer dieser Bürgerkriege, die den Filmen über Kindersoldaten Vorbild stehen). Aber schön sind die Zustände dort noch keinesfalls:
Of course, children are raped everywhere, but what is happening in Liberia is different. The war seems to have shattered norms and trained some men to think that when they want sex, they need simply to overpower a girl. Or at school, girls sometimes find that to get good grades, they must have sex with their teachers.
“Rape is a scar that the war left behind,” said Dixon Jlateh, an officer in the national police unit dealing with sexual violence. “Sexual violence is a direct product of the war.”
Aber solche kleine Unannehmlichkeiten kann man doch getrost ignorieren – so schlimm wird's nicht sein, und die Büros kann man ja in den USA betreiben.
Immer dieses beschissene Hintenrum.